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Instandhaltung: Gefährdungsbeurteilung

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Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Instandhaltung

Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Instandhaltung

Instandhaltung umfasst alle Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Anlagen, Maschinen und Gebäuden erforderlich sind. Dazu gehören Wartung, Inspektion, Reparatur, Überholung, Verbesserung und Umbau. Aus Sicht des Arbeitsschutzes birgt die Instandhaltung eine Vielzahl spezifischer Gefährdungen und erfordert daher eine Gefährdungsbeurteilung (GBU). Eine Gefährdungsbeurteilung für Instandhaltung ist zwingend. Besondere Risiken durch Demontage, Reparatur, Wartung ohne gewohnte Schutzeinrichtungen. Typische Gefährdungen sind mechanische (Quetschungen, Schnitte), elektrische (Stromschlag), thermische (heiße Oberflächen, Schweißfunken), chemische (Gefahrstoffe, Lösemittel), Brand-/Explosionsgefahr, Arbeiten in beengten Räumen.

Nach ArbSchG, BetrSichV, GefStoffV und entsprechenden DGUV-Vorschriften lässt sich eine strukturierte Vorgehensweise (z. B. Lockout-Tagout, Permit-to-work, Fremdfirmenmanagement) etablieren, um Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten. So verbessert eine ordnungsgemäß durchgeführte GBU nicht nur den Arbeitsschutz, sondern erhöht auch die Prozessstabilität und Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung.

Rechtliche Aspekte im Facility Management

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

  • Nach § 5 ArbSchG sind Arbeitgeber verpflichtet, Gefährdungen für alle Tätigkeiten (dazu gehören Instandhaltungsarbeiten) zu ermitteln und Schutzmaßnahmen festzulegen.

  • Instandhaltung kann im Gegensatz zum Routinebetrieb deutlich andere Risiken aufweisen (z. B. Eingriffe in Maschinen, Transport von schweren Ersatzteilen).

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

  • Regelt die sichere Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln. Insbesondere bei Wartung und Reparatur von Maschinen, Anlagen, Betriebsmitteln.

  • Überwachungsbedürftige Anlagen (Druckbehälter, Aufzüge, Krane, Dampfkessel) erfordern spezielle Prüfungen, auch nach Instandsetzungsarbeiten.

Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

  • Bei Instandhaltungsarbeiten kann es zum Umgang mit Reinigungschemikalien, Klebstoffen, Beschichtungsmitteln oder Prozessmedien (Öle, Kühl- und Schmierstoffe, Lösemittel) kommen. Eine GBU nach GefStoffV ist erforderlich, wenn Gefahrstoffe zum Einsatz kommen.

DGUV Vorschriften und Regeln

  • DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“: Arbeitgebende müssen Gefährdungen systematisch ermitteln und notwendige Schutzmaßnahmen treffen.

  • Je nach Branche und Arbeitsmittel greifen weitere Regelwerke (z. B. DGUV Vorschrift 3 für elektrotechnische Anlagen und Betriebsmittel, DGUV Vorschrift 68 für Flurförderzeuge).

Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber

  • Instandhaltungsarbeiten werden häufig an Fremdfirmen vergeben. Nach § 8 ArbSchG und DGUV Vorschrift 1 ist eine abgestimmte Gefährdungsbeurteilung notwendig, um Schnittstellenrisiken zu vermeiden.

Hohes Gefährdungspotenzial

  • Instandhaltungsarbeiten erfordern oft das Öffnen, Demontieren oder Betreten von Anlagen. Schutzabdeckungen, die im Regelbetrieb vorhanden sind, werden entfernt. Dies erhöht das Unfallrisiko erheblich (Quetsch-, Schnittverletzungen, Abstürze, Stromschlag etc.).

Besondere Arbeitssituationen

  • Maschinen stehen u. U. nur kurzstill, Zeitdruck herrscht. Unter hohem Druck werden Teile ausgetauscht. Fehlende oder unklare Kommunikation mit der Produktion kann zu ungewollter Inbetriebnahme führen.

Umgang mit Energieformen und Gefahrstoffen

  • Bei Wartung können unter Druck stehende Medien (Dampf, Hydraulik, Pneumatik) oder heiße Oberflächen gefährlich werden.

  • Öl- und Fettkontakt, Reinigungschemikalien, Lösemittel – alles kann zu Hautreizungen oder Brand-/Explosionsgefahren führen.

Vielfalt der Tätigkeiten

  • Mechanische, elektrische, hydraulische, pneumatische und chemische Arbeiten.

  • Mitunter Schweißarbeiten („Heißarbeiten“) oder Eingriffe an Gasleitungen.

Hoher Koordinationsbedarf

  • Es können verschiedene Bereiche und Personen beteiligt sein (z. B. Produktion, Energietechnik, externe Monteure). Eine GBU klärt Zuständigkeiten, Abstimmungen und Kommunikationswege.

Mechanische Risiken

  • Offene bewegliche Teile (Wellen, Getriebe, rotierende Messer) bei geöffneter Schutzeinrichtung.

  • Quetschgefahr beim Ein- oder Ausbau von Bauteilen (z. B. Pumpen, Ventile, Lager).

  • Absturzgefahren beim Arbeiten auf erhöhten Plattformen oder in Schächten.

Elektrische Gefahren

  • Wartung an elektrischen Komponenten ohne ausreichende Abschaltung (Lockout-Tagout nicht angewendet).

  • Defekte oder unsachgemäß reparierte Kabel, Stromschlaggefahr, Lichtbögen.

Heißarbeiten und Brandrisiko

  • Schweißen, Schneiden, Löten, Funkenflug in brand- oder explosionsgefährdeten Bereichen.

  • Unsachgemäßer Umgang mit Gasen oder fehlende Brandwache.

Gefahrstoffexposition

  • Reinigungschemikalien, Lösemittel, Klebstoffe, Metallstäube beim Schleifen, ölhaltige Emissionen.

  • Inhalation oder Hautkontakt, ggf. Explosionsgefahr bei leichtentzündlichen Stoffen.

Physische Überlastung

  • Schweres manuelles Heben und Tragen von Bauteilen, ungünstige Haltungen in beengten Maschinenräumen.

  • Erhöhter Lärmpegel bei laufenden Anlagen (auch wenn Nebenaggregate nicht komplett stillstehen).

Zeitdruck und psychische Belastung

  • Produktionsstillstand kostet Geld, daher Druck auf Techniker*innen, schnell zu reparieren.

  • Gefahr von Hektik, Überschreitung sicherer Vorgehensweisen.

DIN EN 13306 „Wartung – Instandhaltung

  • Definiert Begriffe und Grundsätze der Instandhaltung, kann als Rahmen für Prozessorganisation dienen (keine direkten Arbeitsschutzvorgaben).

DGUV Regel 100-500 (Betreiben von Arbeitsmitteln)

  • Enthält Hinweise, wie Instandhaltungsprozesse sicher zu gestalten sind, einschließlich Lockout-Tagout.

TRGS / GefStoffV

  • Bei Einsätzen von Gefahrstoffen oder Kontakt mit prozessbedingten Stoffen.

  • z. B. TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen) oder TRGS 400 (Gefährdungsbeurteilung).

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) / Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)

  • z. B. TRBS 1201 (Prüfungen), TRBS 1112 (Benutzung von Arbeitsmitteln unter besonderen Bedingungen, wie Wartung).

Lockout-Tagout-Verfahren (LOTO)

  • International gängiger Standard zur sicheren Freischaltung von Energien bei Instandhaltungsarbeiten (z. B. OSHA 1910.147 in den USA). In Deutschland u. a. anwendbar über DGUV-Regeln.

Identifikation der Instandhaltungsaufgaben

  • Welche Anlagen/Anlagenteile werden regelmäßig gewartet, welche Störungen sind häufig, welche Reparaturarbeiten fallen an?

  • Unterscheidung zwischen planmäßiger Wartung (geplant, meist mit Dokumentation) und ungeplanten Störungsbeseitigungen (schnelle Eingriffe).

Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen

  • Einbeziehung der technischen Unterlagen, Betriebsanleitungen, ggf. früherer Unfallberichte, Wartungsprotokolle.

  • Analyse pro Arbeitsschritt: Abschalten, Demontieren, Reinigen, Austausch von Teilen, Probelauf usw.

Maßnahmenableitung

  • Technisch: Absperrungen, Schutz gegen ungewolltes Einschalten (Lockout-Tagout), gesicherte Abstützungen, ausreichende Beleuchtung, Gaswarngeräte bei potenziell gefährlichen Stoffen.

  • Organisatorisch: Zeitpläne für Wartung, Permit-to-work-Verfahren (Erlaubnisschein), Alarm- und Rettungswege klären, Fremdfirmenmanagement.

  • Personell: Qualifikation und Schulungen, PSA (z. B. Schnittschutzhandschuhe, Gehörschutz, Atemschutz bei Lösemitteln), Unterweisungen zu Spezifika der Anlage.

Dokumentation

  • Nach § 6 ArbSchG: Alle identifizierten Gefährdungen, vorgeschriebene Schutzmaßnahmen, Verantwortliche, Termine und Prüffristen.

  • Integration in Instandhaltungssoftware oder Betriebliches Managementsystem (z. B. ISO 45001).

Überprüfung und Aktualisierung

  • Mindestens jährlich oder nach wesentlichen Änderungen an Anlagen, Verfahren, Personal.

  • Auswertung von Beinaheunfällen oder Störungsursachen, kontinuierliche Verbesserung.

Lockout-Tagout (LOTO)

  • Eines der wichtigsten Verfahren zur Vermeidung unbeabsichtigter Energiefreisetzung.

  • Jeder Wartungsmitarbeitende befestigt sein persönliches Schloss/TAG an abgesperrten Energiequellen. Erst wenn alle entfernen, kann die Anlage wieder in Betrieb gehen.

Heißarbeiten

  • Bei Schweiß-, Schleif-, Lötarbeiten in Bereichen mit brennbaren Stoffen oder Staub Ex-Schutz bzw. Brandschutzplan einhalten (Feuerlöscher, Brandposten, Nachkontrolle).

  • Ggf. Freigabescheinverfahren (Permit-to-work) mit detaillierter Gefährdungsbeurteilung.

Konfined Spaces / beengte Räume

  • Tanks, Silos, Schächte: Sauerstoffmangel, giftige Gase oder Explosionsgefahr.

  • Notwendig: Gasmessungen, Atemschutz, Rettungskonzept (Sicherungsleine, zweite Person).

Fremdfirmenmanagement

  • Kommunikation, Unterweisung, Koordination mit externen Serviceteams (z. B. Schlosser, Elektrobetriebe).

  • Gemeinsame Abstimmung der Gefährdungsbeurteilung, klare Kennzeichnung von Zugangs- und Gefahrenbereichen.

Störungsdienst / Notfalleinsätze

  • Bei Havarien, Eile, Wochenendarbeiten steigt das Unfallrisiko durch Zeitdruck.

  • Auch in Stresssituationen darf der sichere Arbeitsprozess (Sicherheitsabschaltung, PSA) nicht vernachlässigt werden.